Hochbegabung
Leider sind zahlreiche Vorurteile über Hochbegabung verbreitet. Vielfach dominiert die Vorstellung, dass Hochbegabte Genies sind, die sich fast ausschließlich mit wissenschaftlichen Themen beschäftigen und sozial inkompetent sind. Daher ist es nicht verwunderlich, dass gewisse Vorbehalte gegenüber dieser Personengruppe bestehen. Viele Familien, in denen bei einem oder mehreren Familienmitglied(ern) eine Hochbegabung bestätigt wird, brechen nicht direkt in Jubelstürme aus, sondern sind zunächst ratlos, weil sie ihr Kind bzw. sich selbst gar nicht als Genie wahrnehmen. Dabei gehört die Hochbegabung zur Persönlichkeit und darf bzw. sollte als Ressource erkannt und wertgeschätzt werden.
Was versteht man eigentlich unter Hochbegabung?
Zunächst möchte ich hier einen kurzen Überblick zum Thema geben. Obwohl die Gruppe der Hochbegabten sehr heterogen ist, fallen einige typische Merkmale in individuell unterschiedlicher Ausprägung bei ihnen auf. Im Vergleich zu durchschnittlich begabten Menschen verfügen Hochbegabte häufig über:
Hinweis: Die Prozentwerte sind willkürlich zur Illustration gewählt, es geht lediglich darum zu zeigen, dass diese Eigenschaften (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) bei Hochbegabten überproportional (stark) ausgeprägt sind.
Aufgrund der erhöhten Wahrnehmung äußerer Reize, verbunden mit der außergewöhnlichen Imaginationskraft und dem schnellen Denkvermögen, ist es nicht überraschend, dass Hochbegabte besonders häufig starke Wellen in ihrem Leben empfinden. Sehr schnell geraten sie in einen sogenannten Flow und fühlen sich oben auf der Welle. Stellen sie dann jedoch fest, dass ihre Umwelt sie gar nicht verstehen bzw. ihnen nicht folgen kann, erfolgt der „Absturz“ nach unten. Die Reaktion des Umfelds führt zu einer Verunsicherung der hochbegabten Person, weil sie sich selbst unverstanden fühlt und gar nicht auf die Idee kommt, dass andere sich die eigenen Gedanken überhaupt nicht vorstellen können. Dieser Prozess mündet sehr oft darin, dass sich unerkannt hochbegabte Personen falsch fühlen und sich immer unsicherer – in den Augen der Umwelt eher ungeschickter – verhalten. Um diese beiderseitigen Missverständnisse auszuräumen, ist es wichtig, die mit der Hochbegabung einhergehenden Besonderheiten zu kennen und die jeweils andere Gruppe zu verstehen.
Häufig wird Hochbegabung mit hoher Intelligenz gleichgesetzt bzw. darauf reduziert. Dies hängt sicherlich damit zusammen, dass Personen, die in einem Intelligenztest ein Ergebnis von 130 oder höher erreichen, als (kognitiv) hochbegabt gelten. Es gibt sehr viele Gebiete (beispielsweise im künstlerisch-musischen, sportlichen, inter- oder intrapersonalen Bereich), in denen sich außergewöhnliche Begabungen ebenfalls zeigen können, die jedoch nicht so eindeutig mithilfe eines Tests nachgewiesen werden können.
Die hier gezeigte Grafik stellt die Verteilung der Intelligenz anhand der Gaußschen Normalverteilung dar. Genau wie andere Eigenschaften (beispielsweise die Körpergröße) ist auch die Intelligenz in der Bevölkerung unterschiedlich verteilt: Gut 2/3 der Bevölkerung liegen mit einem IQ zwischen 85 und 115 im sogenannten Durchschnittsbereich der Intelligenz, gut 95% der Bevölkerung verfügt über einen IQ zwischen 70 und 130, so dass jeweils nur 2,28% in die Gruppe mit einem IQ unter 70 bzw. über 130 fallen. Ab einem IQ von 130 wird von Hochbegabung – ab 145 sogar von Höchstbegabung – gesprochen. In der Psychologie ist die zweifache Standardabweichung (willkürlich) als Grenze für das Vorliegen einer Hochbegabung definiert worden: Es kann durchaus sein, dass Menschen in einem IQ-Test die Marke von 130 zwar verfehlen, die zuvor beschriebenen Eigenschaften jedoch ebenfalls besitzen.
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